In den tiefen Wäldern der Welt (in Mevongad vor allem Umaiens und Deserlas) lebt ein merkwürdiges Volk, die dritte intelligente Art Maynas – die Waldschrate.
Sie sind sehr groß, um die zwei Meter sind normal, einige werden sogar noch größer. Über zwei krummen Beinen mit großen Füßen erhebt sich ein langer, schmaler Oberkörper mit einem runden Bauch und dünnen Armen mit langfingrigen Händen. Der Hals ist recht kurz, der längliche Kopf mit dem spitzen Kinn scheint direkt aus den abfallenden Schultern herauszuwachsen. Das Gesicht besteht aus einer großen, hakenförmigen Nase, schmalen Lippen und buschigen Augenbrauen, die eine einzige durchgehende Linie über den Augen bilden. Darüber wachsen dicke, borstige Haare, die die meisten Waldschrate lang tragen. Ihre Körper sind ebenfalls stark behaart, vor allem auf Brust, Rücken und Oberarmen. Dort werden die Haare so lang, dass die Schrate sie zu Zöpfen verflechten können.
Anders als Kobolde haben Waldschrate menschenähnliche Augen mit Lidern, Wimpern, Pupille und einer Iris, die meist in Gelb- oder Grüntönen gefärbt ist.

Das Besondere an den Augen ist, dass sie bei vielen Schraten eine natürliche Verbindung mit dem Magiesinn haben, den so gut wie jeder Schrat auch heute besitzt – für die Krankheit, die den Menschen ihre Magiefähigkeit genommen hat, waren die Schrate nicht anfällig. Auch bei ihnen gibt es nicht viele, die Hitze, Kälte und Licht wirken können – nur mit den Augen können Schrate mit der Verbindung zwischen Augen und Magiesinn Licht erzeugen, ohne sich sonderlich anstrengen zu müssen. Ein Waldschrat kann also im wahrsten Sinne des Wortes leuchtende Augen bekommen, was auf Menschen sehr erschreckend wirkt.

Allerdings kommt es heutzutage selten vor, dass Menschen und Schrate aufeinandertreffen. Unter Menschen herrscht die Überzeugung vor, dass Waldschrate und Kobolde eine Art sind oder zumindest auf der gleichen Entwicklungsstufe stehen, wenn sie auch nicht so gefährlich sind wie jene und darum eher wenig beachtet werden. Niemand hat bisher einen Schrat ein Haus bauen, ein Buch lesen oder Metall bearbeiten sehen.
All das tun sie auch wirklich nicht. Trotzdem sind sie, anders als die Kobolde, außerordentlich intelligent. Ihr Gedächtnis ist überragend. Was ein Waldschrat einmal hört, vergisst er nie wieder. Aus genau diesem Grund braucht dieses Volk auch keine Bücher, denn alles wird mündlich weitergegeben. Waldschrate sind eher Einzelgänger, aber jeder von ihnen ist bestrebt, in seinem 90 bis 120 Jahre währenden Leben so viele andere Schrate wie möglich zu treffen und sich mit ihnen über ihr Wissen auszutauschen. Dabei interessiert keinen Schrat, was Menschen für wichtig halten: die Beschaffenheit der Welt und wie man sie am besten nutzen kann. Waldschrate wissen dagegen viel über Ethik, Philosophie und Biologie. Sie trennen solche Bereiche allerdings nicht voneinander, für sie ist das alles das Wissen über das Leben. Trotzdem gibt es natürlich auch unter Schraten Spezialisierungen – der eine interessiert sich mehr für Pflanzen, einen anderen beschäftigt mehr die Herkunft der Magie oder die Frage, ob es Götter gibt oder nicht.
Geschichte und Geschichten sind dabei für alle von großer Bedeutung, auch die der anderen Arten, allerdings geht ihr Wissensdurst selten so weit, dass sie sich dafür unter Menschen mischen würden, geschweige denn unter Kobolde. Sie tun auch nichts, um die Menschen von ihrer Intelligenz zu überzeugen. Waldschrate wissen, dass die beiden Spezies viel zu unterschiedlich sind, um friedlich zusammenleben zu können, zumal sie selbst keine Kämpfer sind und im Falle eines Konfliktes zwangsläufig den kürzeren ziehen würden.
Entsprechend sind Waldschrate in vielem geistig bereits viel weiter als Menschen. Während diese noch allgemein davon ausgehen, dass die Sterne relativ kleine Leuchtkörper sind, die über der Welt am Himmel schweben, und dass Herrscher von den Göttern eingesetzt werden, und eifrig nach der Möglichkeit suchen, aus allem Möglichen Gold herzustellen, beschäftigt jene die Frage nach der Größe des Alls oder ob die Theorie, dass alles Stoffliche aus kleinsten Teilchen besteht, stimmt oder nicht.

Waldschrate sind zwar keine reinen Vegetarier, denn sie essen gerne Insekten, aber Wirbeltiere stehen nicht auf ihrem Speiseplan. Sie kennen das Feuer, nutzen es aber selten, ebenso wie sie keine festen Behausungen bauen. Wilde Tiere, die ihnen gefährlich werden könnten, gibt es zwar eigentlich, meist fliehen sie aber vor dem Licht der Augen, und zum Schlafen klettern die Schrate auf Bäume und hoffen das Beste.
Regen macht einem Schrat nichts aus, und im Winter trägt er warme Kleidung, das genügt – sie sind gegen Kälte erstaunlich unempfindlich.
Die Kleidung stellt man teilweise selbst her, oder aber man geht mit dem Rohmaterial (Leder von gefundenen Tierkadavern – wenn es schon tot ist, darf es benutzt werden -, Nesselfasern oder Wollfrüchte) zu bestimmten Werkstattbereichen, in deren Nähe sich meist einer der handwerklich begabteren Schraten aufhält, und lässt sich dort neue Kleider anfertigen.
Die meiste Zeit des Jahres tragen sie nur Lendenschurze und daran befestigte Hosenbeine, im Herbst und Winter dann Jacken, die aber nur bei sehr großer Kälte vorne mit Schnüren geschlossen werden. Denn für einen Waldschrat ist es sehr wichtig, seine Körperhaare zu zeigen. In die Zöpfe auf Brust, Rücken und Oberarmen flicht er nämlich kleine Tonperlen ein, die andere über sein Alter, seine Erlebnisse und seine Lehrmeister informieren. Je mehr Perlen ein Schrat trägt, desto mehr Wissen hat er auf die eine oder andere Art erworben.

Waldschrate sind Zwitter. In Abständen von drei bis fünf Jahren legt jeder Schrat ein 15 bis 20 Zentimeter großes, olivgrünes Ei. Wenn dabei kein anderer Schrat in der Nähe ist, lässt er es einfach liegen und es dient irgendwelchen Tieren als Nahrung. Wenn ein anderer Schrat dabei ist, schlägt dieser sein Wasser darüber ab. Durch die Eiablage des anderen ist seine Samenproduktion angeregt und das Ei wird befruchtet. Einer der beiden (meist der, der es gelegt hat) nimmt das Ei nun mit und bewahrt es körpernah auf, bis nach vier Monaten schließlich ein Schratbaby schlüpft. Es ist in diesem Stadium außer im Gesicht vollständig mit flaumigem Haar bedeckt und noch sehr hilflos und auf sein Elter angewiesen, der es mit vorgekauter Nahrung füttert und weiterhin in einer Tasche mit sich herumträgt. Es wächst aber sehr schnell, mit einem Jahr reicht es dem erwachsenen Schrat schon bis zur Hüfte und läuft schon selbst, wenn es auch die meiste Zeit vom Elter noch huckepack getragen wird. Der Flaum wird nun schon langsam dicker und dem drahtigen Haar der Erwachsenen ähnlich. Mit drei Jahren ist ein Waldschrat körperlich ausgewachsen, gilt aber noch bis 12 als Kind und bleibt so lange bei seinem Elter.