Amy Timberlake: Dachs und Stinktier

(cbj 2020, ISBN: 978-3-570-17722-8)

Ich habe was zu rezensieren! ICH habe was zu REZENSIEREN!

Ok, es ist ein Kinderbuch, das nur 140 Seiten und viele Illustrationen hat, aber trotzdem.

Es ist mir neulich im Buchladen in die Finger gekommen, und weil das Cover bzw. die Illustrationen so umwerfend sind und die Geschichte auch ganz nach meinem Geschmack klang, habe ich es mitgenommen.

Das Buch "Dachs und Stinktier" steht auf einem Sessel an die Lehne gelehnt. Auf dem Cover sieht man die Zeichnung von einem Dachs, der in einer geöffneten Tür steht und auf ein Stinktier starrt, das mit einem Koffer auf der Schwelle steht, grinst und ihm die Hand entgegenstreckt.

Dachs wohnt alleine in einem Haus, das ihm von seiner Tante Lula, einem Baummarder, zur Verfügung gestellt wurde. Weil er Platz für seine Wichtige Steinforschung brauchte. Er lebt sehr gern allein. Aber dann steht auf einmal Stinktier vor seiner Haustür, mit einem roten Koffer mit Bindfaden drumherum, und ist nicht etwa ein Klinkenputzer, der ihm Schuhlöffel oder „zehn Stufen, sein Leben in den Griff zu bekommen“ verkaufen will, sondern sein neuer Mitbewohner. Dachs hätte eben doch Tante Lulas Briefe lesen sollen.

Und wie diese beiden sehr unterschiedlichen Charaktere miteinander klarkommen – oder auch nicht, und was Hühner und Wieselgramme damit zu tun haben, das sollte man lieber selber lesen. Und sich anschauen. Denn die Illustrationen sind wirklich toll.

Auch die Geschichte gefiel mir sehr gut, warmherzig, aber ganz sicher nicht im Geringsten kitschig, und herrlich schräg.

Was mir allerding absolut gar nicht gefiel, war die lieblose deutsche Umsetzung. Die Übersetzung ist teilweise einfach schlecht, ich habe manchmal wirklich nicht verstanden, was gemeint war, und manchmal wurden Dinge wie „Stehende Ovation“ benutzt. Den Witz mit dem Schuhlöffel habe ich immer noch nicht verstanden, ich vermute, der funktioniert nur im Englischen. Oder ich bin zu doof dafür.

Stinktier setzte sich gerade. „Löffel für Schuhe?“ Schuhlöffel? Das Wort klingt sehr nützlich.“

Dachs lachte. „Ha! Das stimmt. Punkt für dich! Schuhlöffel!“

An manchen Stellen kam ich auch nicht mit, da scheint das aber nur teilweise an der Übersetzung zu liegen, sondern mir kam es vor, als fehlte da etwas.

„Kiesel sind Steine. Und Hühner fressen Steine?“ Dachs schaute zu den Bücherregalen mit den Kartons voller Steine, zum Tisch, zum Kaminsims – überall Hühner.

Stinktier warf Dachs einen kurzen Blick zu und sagte: „Ich mache Popcorn.“

„AuuUUUTSCHHHH“, schrie Dachs, als er in die Hühner hineinschlitterte.

Stinktier knallte mit Popcorn. Dachs schloss, sperrte ab, verriegelte. Und knurrte beständig.

Was soll das mit dem Schlittern? Was tut Dachs dabei weh? Und was sperrt er ab (die Kartons etwa?)? Das liest sich echt komisch. Aber vielleicht bin ich auch wirklich zu doof dafür.

Was mich auch sehr gestört hat, ist die Menge an fehlerhaft gesetzten bzw. nicht gesetzten Anführungszeichen. Es kam nicht nur ein- oder zweimal vor, sondern wirklich häufig, dass irgendwo eins stand, wo keins hingehörte, oder eins fehlte, wo eines hingehört hätte.

Es wirkte insgesamt einfach so, als sei das Buch von niemandem oder jedenfalls nur schnell in zehn Minuten korrekturgelesen und lektoriert worden. Und ich finde, das ist schon bei einem Buch für Erwachsene ärgerlich, aber bei einem Kinderbuch darf es einfach nicht passieren.

Von daher bin ich nicht ganz sicher, ob ich es empfehlen kann oder nicht. Und schwer in Versuchung, es mir auf Englisch zu besorgen, nur um zu sehen, ob es wirklich die Übersetzung ist, die da so hakt.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Neyasha

    Eine Rezension von dir, wie schön! 🙂
    Dieses Buch ist letztes Jahr bei meiner Fortbildungsreihe, die ich jeden Herbst organisiere, vorgestellt worden und da fand ich die gezeigten Illustrationen ganz toll. Schade, dass der Text bzw. die Übersetzung mit den Bildern nicht mithalten kann. Ich finde es ja angesichts der Kritikpunkte doch verwunderlich, dass das Buch den Deutschen Jugendliteraturpreis bekommen hat (in der Kategorie Bilderbuch, wozu ich das Buch vom äußeren Eindruck her eigentlich auch nur bedingt zählen würde).

    1. Birthe

      Ja, für ein Bilderbuch hat es eigentlich zu viel Text – aber OK, ich würde sagen, es ist so ein Zwischending.
      Echt, das hat den Deutschen Jugendliteraturpreis bekommen? Tja, wie gesagt, die Geschichte und die Bilder sind ja auch eigentlich toll, bloß das Lektorat bzw. Korrektorat der deutschen Übersetzung nicht … Aber vielleicht bin ich da auch zu kleinlich?
      (Und jetzt muss ich ja gestehen, dass ich irgendwie gedacht hätte, dass so ein Preis nur für deutschsprachige Bücher vergeben wird, also nicht für Übersetzungen. Wobei, nee, stimmt, ich wusste eigentlich, dass Astrid Lindgren den auch bekommen hat, also … Hm, finde ich trotzdem irgendwie schade.)

      1. Neyasha

        Ja, dafür, dass das von Anfang an ein Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur war, ist der Name etwas irreführend, finde ich. Wobei ich zugeben muss, dass dieses Jahr mein Favorit im Bereich Bilderbuch auch eine Übersetzung ist und zwar „Unsichtbar in der großen Stadt“ von Sydney Smith.

        Und ich muss mich auch korrigieren, „Dachs und Stinktier“ hat den Preis gar nicht bekommen, das steht nur so verwirrend in der Buchbeschreibung. Da heißt es nämlich überall „Dachs und Stinktier, mit Illustrationen von Jon Klassen, Träger des Deutschen Jugendliteraturpreises 2020“ – Preisträger ist nicht dieser Titel, sondern der Illustrator Jon Klassen für ein anderes Buch. Ups. *gg*

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